Im Januar 2011 zeigte die tunesische Jugend, dass auch die stabilsten politischen Systeme über Nacht zerbrechen können. Seitdem werden rund um den Globus Plätze besetzt, Zeltstädte errichtet und Straßenschlachten ausgetragen. Der öffentliche Raum wird eingenommen und politisiert. Das brennende Auto wird zur Ikone des Umbruchs.
München scheint eine der letzten Inseln der Glückseligen zu sein, auf der politische Langeweile herrscht, während die Empörten der Welt die etablierte Ordnung demontieren. Christian Schnurer findet ein ausgebranntes Autowrack in Sidi Bouzid, Tunesien und setzt es unvermittelt in den Stadtraum Münchens. Das Wrack erfährt durch den Transport von Tunesien nach München eine Umwandlung. Das ‚Souvenir‘ der Revolution wirkt in den Flaniermeilen des ’schönen Millionendorfs‘ deplatziert und konfrontiert die Öffentlichkeit mit einer Realität jenseits der Schlagzeilen und weit ab von Kommerz und Konsum.
Das Privatauto des jungen Polizisten Ridha wird im Januar 2011 nach dem Sturz von Ben Ali vor der Polizeiwache von einer wütenden Menge angezündet. Ridha erzählt von seinem Verlust, seiner Verantwortung als Repräsentant des Staates und der Zwangsläufigkeit von Gewalt im revolutionären Umbruch. Der Transport seines Autowracks durch den öffentlichen Raum und der Umgang mit den Behörden wird mit Ton- und Filmaufnahmen dokumentiert. In Gesprächen lenkt der Künstler seine Bekanntschaften auf diesem Weg auf die Frage nach dem Sinn von Revolutionen, Heldentum und Destruktion des Status Quo.
Ein Projekt von
Christian Schnurer
Recherche und Dokumentation
Tamar Maya Sharabi
Christian Schnurer, geboren 1971 in Schwandorf, lebt und arbeitet in München.