„Ich bin kein Roboter“ – im Internet muss der Mensch das immer wieder unter Beweis stellen. Wer Online-Dienste nutzen will, soll zuvor oft ein sogenanntes Captcha lösen. Hier beweist der Mensch, dass er kein Spam-Bot ist. Wir sehen zum Beispiel neun kleine Bildkacheln und sollen aus diesen nur jene auswählen, auf denen Ampeln oder Autos zu sehen sind. Die Bilder stammen aus Google Street View. Solche Captchas dienen manchmal zwei Zielen zugleich: Sie sorgen dafür, dass die Bots draußen bleiben – und sie helfen den Entwickler*innen dabei, bessere künstliche Intelligenz zu programmieren. So arbeiten wir mit unseren Klicks womöglich nebenbei (und ganz ohne Entlohnung) für große Unternehmen, wo man mit den Daten Algorithmen trainiert.
Für uns jedoch bleibt das Captcha bloß eine lästige Hürde, die wir überwinden müssen, um uns im Netz zu bewegen. Das Captcha bremst uns aus, so wie der Stau im Straßenverkehr. Auch am Verkehrsknotenpunkt Lenbachplatz haben wir selten freie Fahrt. Meistens stehen die Autofahrer*innen hier lange und blicken genervt auf die Ampeln.
Das quadratische Format des Billboard am Lenbachplatz wirkt wie ein großes Captcha-Layout aus dem Netz – die einzelnen Bildkacheln zeigen die verschiedenen Perspektiven der Autofahrer*innen, die am Lenbachplatz im Stau stehen. Die Installation ist der Versuch, Netz und Realität miteinander zu verschmelzen. So können die Blicke der Autofahrer*innen geschärft werden und manch einer weiß den Platz vielleicht wieder zu würdigen, wenn er ihn hier verdoppelt entdeckt.
Spielerisch und auf humorvolle Weise erinnert das Plakat die Menschen daran, dass sie eben keine Roboter sind. Doch hier müssen die Betrachter*innen nichts auswählen oder anklicken, keine Aufgabe erledigen, sondern einfach nur den Blick schweifen lassen über die Bilder. Und womöglich ist ja das der Unterschied, der noch lange den Menschen vom Roboter trennen wird: Nur der Mensch kann ganz zweckfrei, aus reinem Vergnügen ein Kunstwerk betrachten und genießen.
Milen Till, geboren 1984 in München, lebt und arbeitet in München.