Wir schaffen die Welt, in der wir leben, indem wir sie betrachten. Aber auch was wir nicht wahrnehmen, ist da, ist Teil unserer Stadt. Je nach Perspektive der Bewohner*innen und Besucher*innen erschließen sich unterschiedliche Blicke auf die Stadt und ihre Ordnungen. Diese sind gelenkt durch Strukturen: Stadtteile, Straßen, öffentliche Verkehrsnetze und Fahrradrouten helfen dabei uns zurecht zu finden. Unsere Verortung im städtischen Raum und damit ein Teil unserer Identifikation folgen den Parametern der Kartographie. Im Gegensatz zu Landkarten sind Städte aber keine flachen Räume, die eindeutig in Zentrum und Peripherie zerlegt werden können. Das Zentrum ist in der Mitte, aber der Rand ist überall.
Das Projekt „Hors Champ“ (französisch für „außerhalb des Feldes“) von Kathrina Edinger befasst sich mit Orten, die in unserer mentalen Karte nicht eingezeichnet und am Rand unserer Wahrnehmung sind. Solche sind Wohnräume, Arbeitsplätze, Versammlungs-, Freizeit- und Ausdrucksorte. Ein unterirdischer Bach, das Magazin der Staatsbibliothek, Schlafplätze und Kunstinstallationen, Räume unter Brücken und Straßen. Für manche Menschen sind diese Orte das Zentrum ihres Alltags. Für viele sind sie aber unbekannt, sie wollen oder dürfen sie nicht betreten. Wie der Rand außerhalb unseres Blickfelds sind diese Orte unterbewusst präsent, aber bleiben üblicherweise jenseits unserer bewussten Wahrnehmung.
Die Dokufilm-Installation in einem Container auf dem Max-Joseph-Platz bringt diese Orte von der Peripherie ins Zentrum der Stadt. Mithilfe der Gleichzeitigkeit der Realität des Vorführungsortes und der Virtualität der Projektion werden die unterschiedlichen Realitäten an einem Ort auf einer Ebene zusammengebracht. Die Betrachter*innen sind Teil der Bewertung. Wo stehen sie? Welchen Sinnbezug, welche Integration oder Desintegration empfinden sie?
Kathrina Edinger, geboren 1984 in München, lebt und arbeitet in München.