Die Installation der Künstlerin Cana Bilir-Meier zeigt auf der einen Seite des Billboards einen Ausschnitt aus dem Gedicht „Ich will leben“ der Poetin Semra Ertan von 1982 auf deutsch und türkisch. Auf der anderen Seite sind in Handschrift auf blauem Hintergrund die Worte „Düşler Ülkesi“ zu lesen, welche sich aus dem Türkischen wörtlich mit „Land der Träume“ übersetzen lassen.
„Düşler Ülkesi“ bezieht sich auf ein aktivistisches Kinder- und Jugendtheaterstück, organisiert von migrantischen Kulturschaffenden aus München unter der Regie von Erman Okay, das 1982 im städtischen Theater der Jugend München Premiere feierte. Zühal Bilir-Meier, die Mutter der Künstlerin, war als Sozialpädagogin und Regieassistentin am Projekt beteiligt. Das Stück behandelt Alltagsszenen aus dem Leben von Arbeitsmigrant*innen ebenso wie Sehnsüchte, Utopien und Vorurteile.
Die Poetin Semra Ertan ist die Tante der Künstlerin. Ihre poetischen Texte sind untrennbar verbunden mit den politischen Gegebenheiten ihrer Zeit. Sie thematisieren u.a. gesellschaftliches Unrecht, Rassismus und fehlende Geschlechtergleichheit.
Cana Bilir-Meier erinnert an das Theaterstück und an die Dichterin Semra Ertan und macht ihre Geschichten im Stadtbild sichtbar. Dabei verweist sie auf die Bedeutung von aktivistisch-pädagogischen Communityarbeiten und Lebenswerken von Personen wie Semra Ertan. Die Widerständigkeit und Selbstermächtigung von Arbeitsmigrant*innen sind nur selten Teil des gesellschaftlichen Narrativs. Die Arbeit ist ein Versuch, die vielen Geschichten unserer Gesellschaft zu honorieren.
Cana Bilir-Meier, geboren 1986 in München, lebt und arbeitet in Wien und München.